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Das Problem mit Branchen-ETFs

Autorenbild: Joshua HalterJoshua Halter

Aktualisiert: 27. Dez. 2024

Wie Privatanleger mit unsinnigen Finanzprodukten Geld verbrennen und wieso es sinnvollerer ist, in breite Märkte zu investieren.


Die Wette auf einen Teil des Ganzen


Neben der Erstellung eines globalen Portfolios ist es natürlich auch eine Option, nur in bestimmte Branchen, Länder oder Regionen zu investieren. Wie bereits gezeigt wurde, können mit zunehmender Portfolio-Komplexität einzelne Bereiche der globalen Wirtschaft mithilfe spezieller ETFs abgebildet werden. Diese werden als Branchen-ETFs oder auch sekundäre ETFs bezeichnet. Solche ETFs, die sich auf bestimmte Branchen oder Länder konzentrieren, sind jedoch oft volatiler, da sie das spezifische Risiko dieser Bereiche betonen, das allgemeine makroökonomische Risiko einer ganzen Volkswirtschaft jedoch weniger reduzieren.


Trotzdem bieten diese ETFs auch Chancen für hohe Renditen in stark wachsenden Regionen, die zumindest kurzfristig ausgenutzt werden können. In der Regel orientieren sie sich jedoch mittelfristig am Gesamtmarkt. Dies liegt daran, dass in effizienten Märkten (basierend auf der Effizienzmarkttheorie von Fama aus dem Jahr 1970) durch die zunehmende Digitalisierung alle Informationen jederzeit für jeden Marktteilnehmer verfügbar sind. Daher kann niemand durch Finanzanalyse oder Insiderinformationen dauerhaft einen Vorteil erzielen. Die Erzielung von überdurchschnittlichen Renditen ist somit in der Regel eher Glück oder dem Nicht-Nutzen öffentlicher Informationen geschuldet.



Effizienzmarkttheorie stellt Anlegern ein Bein


In gewisser Hinsicht ist es also durchaus möglich, entgegen der gängigen Vorstellung von passiven Investmentprodukten mit ETFs aktiv zu handeln. Gemäß Famas Theorie der effizienten Märkte sollte es jedoch in der Theorie langfristig nicht möglich sein, mit Branchen-ETFs eine dauerhafte Überrendite im Vergleich zum Gesamtmarkt zu erzielen. Dieses Konzept lässt sich an einem anschaulichen Beispiel verdeutlichen:

Der Global-Clean- Energy-ETF ist eine Zusammensetzung vorranging ESG- gelabelter Aktien aus den Branchen erneuerbarer Energien und klimafreundlicher Industrie.



Was vielen Anlegern nicht bekannt ist: Auch der MSCI World Index enthält viele dieser Werte. Der Anleger hofft durch seine Investition immer auf eine exorbitante Entwicklung des Unternehmens. Gelingt es den ESG-Unternehmen, steigen sie in den MSCI World Index auf.


Anhand der stark vereinfachten Trendlinien im 5-Jahres-Chart der beiden ETFs lassen sich die zwei eingezeichneten Börsenrallyes von 2018-2020 und 2020-2021 sowie die beiden heftigen Börsenkrisen der letzten fünf Jahre (Corona-Krise und Energie-Krise) ablesen. Interessanterweise bewegen sich beide Märkte seit 2021 in einer stabilen Seitwärtsbewegung. Der deutliche Abschwung und die volatilere Seitwärtsbewegung des Global Clean Energy ETFs gehen auf eine Kurskorrektur zurück, bei der eine Arbitrage stattfand und die Überrendite erkannt und gemäß Famas Theorie korrigiert wurde.

Ein Investor, der 2018 eingestiegen ist, hätte zwar von den Kurssprüngen profitiert (128% gegenüber 59,3% im Gesamtmarkt), jedoch hielt die Rallye am Gesamtmarkt länger an. Die Charts verdeutlichen das statistisch-psychologische Gesetz der Regression zur Mitte, bei dem eine Überperformance tendenziell wieder zum ursprünglichen Mittelwert zurückkehrt.


Blasen: Gut für Profis, schlecht für Privatanleger


Der Chart des Global Clean Energy ETFs zeigt charakteristische Anzeichen einer Blasenbildung im Markt. Eine solche Blase kann sich jedoch im Weltportfolio aufgrund der Vielzahl der enthaltenen Aktien nicht einmal theoretisch bilden. Dafür müsste es einen einheitlichen Konsens und ein gemeinsames Narrativ aller Investoren geben, nur noch Aktien der Welt-AG zu kaufen. Gleichzeitig müsste der komplette Optionsmarkt obsolet sein, da ohne Volatilität keine Arbitrage- oder Antizipationsgeschäfte möglich wären, und folglich auch keine Optionsgeschäfte.


Sekundär-ETFs eignen sich aufgrund ihrer breiten Streuung auch für erfahrenere Anleger zur Beimischung und kurzfristigen Arbitrage von Überrenditen. Ein Anleger, der beispielsweise von steigenden Goldpreisen profitieren möchte, sich jedoch in der Branche nicht auskennt und keine klare Meinung zu einer Einzelaktie aus dem Gesamtmarkt hat, kann dieses spezifische Risiko mit einem Sekundär-ETF abdecken, indem er sich an einem Branchen-ETF beteiligt.


Langfristig erzeugen diese ETFs jedoch aufgrund der Theorie der effizienten Märkte keine dauerhafte Überrendite. Dr. Gerd Kommer erklärt, dass eine solche Überrendite in ETFs, die globale Trends abbilden (z.B. Wasser-ETFs, Clean-Energy-ETFs), über einen mittelfristigen Zeitraum mit großer Wahrscheinlichkeit vom Gesamtmarkt wegarbitriert wird (ebd, 2019). Dennoch kann die Beimischung solcher ETFs zu mittelfristigen Spekulationszwecken, unter Berücksichtigung des Korrelationsrisikos mit anderen ETFs, durchaus sinnvoll sein.


Am Ende bleibt es dir überlassen, ob du eine solche Wette eingehen möchtest und ob du in der Lage bist, wegarbitrierte Performances mit entsprechenden Finanzprodukten für dich gewinnbringend im Depot unterzubringen. Ich wünsche dir einen erfolgreichen Handel! Dein Joshua Halter


 
 
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