es ist einer der legendären Urkämpfe -an der Börse. Das "El Classico" des Börsenparketts: Fundamentalisten gegen Chartisten: Recherche gegen Analyse, BWL gegen Psychologie

Nach wie vor ist die Charttechnik unter Privat- und professionellen Anlegern stark diskutiert. Belegt wurde sie in mehrfach klinisch-psychologischen Studien unter Trader, Brokern und Normalo-Anlegern. Vorweg: Der folgende Blogartikel stellt weder die Existenz der Charttechnik in Frage noch möchte ich mit diesem Beitrag den Wert der Fundamentalanalyse schmälern. Die Wahrheit liegt oft dazwischen. So fand ich meine Lieblingsaktien nahezu immer durch eine Kombination aus beidem. Entscheidend ist die Herangehensweise: Davon ausgehend, dass ich mich wie jeder andere Anleger auch, an den von mir diskontierten, zukünftigen Gewinnen eines Unternehmens orientiere, für die ich mittels Wertpapierbewertung einen adäquaten Einstiegspreis ermitteln möchte, benötige zudem einen passenden Einstiegszeitpunkt. Spätestens dort kommt die Charttechnik zum Einsatz.
Wieso kann das aber funktionieren? Wieso ist es möglich, nachdem ich mich tiefgreifend mit Sozial- und Marktpsychologie befasst habe, mit einer hohen zweistelligen Erfolgsquote nahezu immer meinen bevorzugten Einstiegszeitpunkt im Markt erreichen kann? Um das planbar umsetzten zu können, liegt die These nahe, dass es sich bei marktpsychologischen Abläufen um eine Art System handelt. Denn nur systematisiert, ist es mir nahezu sicher vorhersagbar möglich, dass mein Einstiegszeitpunkt auch gefunden wird.
Um das passend zu erklären, erlaube ich mir ab jetzt einen psychologischen Exkurs in unser Handeln an der Börse.
Du darfst mir gerne folgen! Ich werde es so einfach wie möglich erklären.
Ein Chart ist eine Abbildung. Aber wovon?
Die Frage danach, was ein Aktienchart tatsächlich aussagt, oder was ein Aktienchart tatsächlich darstellt ist weit weniger philosophisch als es nun den anschein erwägt. Was ein Aktienchart allerdings nicht ist, ist die Bestimmung eines festen Wertes für ein Wertpapier.

Vielmehr ist der Aktienchart die Abbildung einer Meinung des Marktes, wie viel ein Wertpapier zu einem gegeben Zeit in der Gegenwart oder in der Vergangenheit auf Basis aller dem Markt zu Verfügung stehenden Informationen Wert sein könnte.
Diese Unterscheidung wird gleich noch ganz entscheidend sein aber zuerst sei noch geklärt, wieso ein Aktienchart nicht den Wert eines Firmenstücks festlegt. Theoretisch wäre es doch so einfach: Auf Grundlage einer Unternehmensbewertung, worin alle bekannten Umsatz- und Geschäftszahlen sowie alle materiellen und immateriellen Eigentümer einer Firma festgehalten werden, ist die genaue Festlegung eines Stückes einer Firma doch rein betriebswirtschaftlich möglich. Man nehme einfach den Wert, teile ihn durch die Anzahl ausgegebener Aktien und schon haben wir einen klaren Betrag. Das die Börse so nicht funktionieren kann, ist mir an dieser Stelle klar. Es geht dabei um den Gedanken hinter der Idee, zukünftige Unternehmensgewinne und Wachstum heute zu beziffern. Und genau an dieser Stelle entstehen Meinungen. Wann immer unser Geist keine fundierten Informationen verarbeiten kann, bleibt uns nichts anderes übrig, als auf Grundlage der vorhandenen Informationen eine Meinung zu formulieren, eine Schätzung. Eine Gewissheit gibt es nicht. Das macht den Aktienhandel unsicher.
Ein menschliches Grundbedürfnis ist entscheidend
Als Menschen ist es unser tägliches Anliegen eine Reihe von Aufgaben zu erledigen, die der Befriedigung unserer Bedürfnisse dient. Der Arbeitsplatz gibt uns Sicherheit und ein festes Einkommen. Unser Einkommen gewährt uns unsere Existenz - unser physiologisches Überleben (Kleidung, Nahrung etc.). Der Sport oder unsere Freizeithobbies machen uns sozialer und befriedigen unser Bedürfnis nach Individualität und Selbstverwirklichung. Diese kurze Auflistung beschreibt die psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen nach Maslow (1943).

Meine cleveren Kunden und Klienten und eifrigen Verfolger meiner Veröffentlichungen auf diversen Plattformen können sich sicher schon ausmalen, worauf ich hinaus möchte:
Als Börsianer handeln wir an einem unstetigen Platz. Nachrichten erreichen Kurse schlagartig und können diese genau so schnell ändern.
Wir handeln an der Börse die Zukunft
und das ist der entscheidende Faktor. Niemand hat die Gabe in die Zukunft zu blicken. In einem Umfeld, dass uns also eine solche Instabilität bietet wie die Börse, ist Sicherheit eines der Grundbedürfnisse, die uns der Markt zu keiner Zeit bietet. Wir können Ereignisse allerhöchstens durch eine Berechnung von Wahrscheinlichkeiten bestimmen. Exakt sind diese allerdings nie. Wie bekomme ich, was ich will?
Kurzum: Um Sicherheit und Vorhersehbarkeit zu schaffen, bedienen wir Menschen uns verschiedener Systeme. Ein System hat den Vorteil, dass es nach vorgegebenen Mustern Ergebnisse produziert. Eine Möglichkeit an der Börse unser Bedürfnis nach Gewinnabsicht mit einer gewissen Sicherheit zu erreichen, ist es ein System zu entwickeln. Im Fall der Charttechnik, sind dies Regeln. Sicher kennst Du alle diese Basics:
- Wenn ein steigender Chart aus einem Trendkanal nach unten ausbricht: Verkaufen - Wenn ein fallender Chart aus einem Trendkanal nach oben ausbricht: Kaufen
Diese beiden rudimentären Beispiele sind nichts anderes als Regeln eines Systems.

Aber Warum funktioniert das nun?
Da wir gesehen haben, dass der Aktienmarkt unser Grundbedürfnis nach Sicherheit verletzt, haben wir uns ein System an Regeln geschaffen, mit dem wir uns ein wenig dieser Sicherheit zurückholen möchten. Wieso das nun funktioniert ist reine Massenpsychologie. Ganz, ganz grob gesagt: Es funktioniert, wenn sich nur genug Marktteilnehmer mit signifikanten Positionen auf diese Regeln einigen. Entscheidend ist hier der Teilsatz "signifikante Positionen", denn unter institutionellen und großen Fonds besteht eine Gewinnabsicht also ein großes Interesse an einer gewissen Planbarkeit möglicher Aktionärsgewinne. Allein die großen Pensionskassen und Hedgefonds sind in der Lage große Marktschwankungen auszulösen. Das zurückgreifen auf Chartmuster ist ein äußerst beliebtes Tool in dieser Branche. Ohne einen CFT-Titel, werden Bewerber dort schon seit Jahren nicht mehr angenommen.
Privatanleger können sich das daher zunutze machen und mithilfe der charttechnischen Regeln gute Ein- und Ausstiegspunkt finden. Es funktioniert, weil sich die großen darauf geeinigt haben.
Wir sind kompliziert - aber einfach gestrickt
Zum Schluss möchte ich Sie gerne auf die Jagd schicken und Ihnen ein ganz simples Beispiel mitgeben, wie sehr wir durch unsere Psyche am Markt beeinflusst sind. "Psychologisch wichtige Hürden/ Unterstützungen" kennen Sie sicherlich aus dem Anlegerfernsehen oder einigen Zeitungen und Podcasts.
Ist Dir schon einmal aufgefallen, wie oft solche Zahlen runde Zahlen sind? Es wird noch deutlicher: Schau Dir einmal wie oft diese psychologisch wichtigen Hürden ganze Hunderterstellen besitzen z.B. 14500, 140, 700 oder 8600. Und jetzt wird es ganz schräg: Schau einmal wie oft ein Index oder eine Aktie an ganzen Hunderter oder Tausenderstellen abprallt.
Du wirst das ganz häufig sehen. Grund ist einfachste Massenpsychologie.
Ein noch krasseres Beispiel? Schau mal wie oft eine Aktie oder ein Index an Werten abprallt, bei denen ein Stellenwert wegfallen würde z.B. 1000 -> 999 oder 100 -> 99.
Ich wünsche ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung!
Dein
Joshua Halter